1/07/2006

Gaspreise auf Rekordniveau gestiegen

Die Gaspreise für Privatkunden in Deutschland sind einem Medienbericht zufolge dramatisch gestiegen. Mehr als die Hälfte aller 700 Gasversorger habe die Preise zum 1. Oktober angehoben. Industrielle Großabnehmer kämen dagegen besser weg. Die Gaspreise in Deutschland sind nach Berechnungen des ARD-Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ im Vergleich zum Juli 2004 im Schnitt um 20 Prozent gestiegen. Der Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie in einem kleinen Reihenhaus koste inzwischen fast 200 Euro mehr als noch vor gut einem Jahr, berichtete das Magazin. Industrielle Großabnehmer hätten dagegen geringere Mehrkosten als Privatkunden und Kleingewerbe. Teilweise zahlten sie sogar nicht mehr als vor drei Jahren.
Mehr als die Hälfte aller 700 Gasversorger habe die Preise zum 1. Oktober angehoben, einige verlangten schon im August und September höhere Preise, berichtete „Plusminus“ unter Berufung auf eigene Datenreihen. Andere Unternehmen drehten schon zum vierten Mal in diesem Jahr an der Preisschraube. Dabei fielen die Aufschläge mit knapp 6 bis zu 40 Prozent sehr unterschiedlich aus. Den höchsten Anstieg mussten die Kunden in Walsrode (Niedersachsen) verkraften. Die teuersten Anbieter liegen in den neuen Ländern.
Bei den Technischen Werken Naumburg in Sachsen-Anhalt zahle ein Kunde für einen Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden mittlerweile gut 1347 Euro. Aber auch nordrhein-westfälische Stadtwerke seien inzwischen in höheren Preisregionen angelangt: In Düren bei Köln verlangten die Stadtwerke mit 1286 Euro für 20 000 Kilowattstunden bundesweit die fünfthöchsten Preise. Das billigste Erdgas Deutschlands werde weiter in Niedersachsen verkauft: Bei den Stadtwerken Geesthacht zahle der von „Plusminus“ betrachtete Musterkunde zur Zeit noch 966 Euro.
Trotz des aktuellen Anstiegs rechnet der Gasmarkt-Experte Uwe Leprich bereits in absehbarer Zeit wieder mit sinkenden Preisen. „Bis zum 1. Juli 2006 wird es eine Kostentransparenz geben“, sagte der Wissenschaftler vom Institut für Zukunftsenergiesysteme der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken. Die Bundesnetzagentur werde die Daten der Gasversorger erheben. „Es wird wohl zu einer Entlastung der Verbraucher kommen, denn ich gehe davon aus, dass die Entgelte zu hoch sind“, sagte Leprich. „Warum sonst sollten sich die Konzerne sperren, die Kalkulation offen zu legen?“

Teilerfolg gegen Gaspreise

Im Streit um die hohen Gaspreise vor dem Hamburger Landgericht muss der Versorger Eon Hanse wohl seine Kalkulation offen legen. Das sei ihre vorläufige Rechtsmeinung, sagte die zuständige Richterin am Donnerstag. Denn nur so könne das Gericht überprüfen, ob die jüngsten Preiserhöhungen angemessen gewesen seien.
Damit entsprach das Gericht der Forderung von 54 Kunden, die mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Hamburg eine Sammelklage eingereicht hatten. Sie hatten den Preiserhöhungen widersprochen und die Aufschläge nicht bezahlt.
Rasanter PreisanstiegDie Richterin betonte, sie habe nicht entschieden, ob die Preiserhöhungen im juristischen Sinne korrekt seien. Das könne sie erst, wenn Eon Hanse die entsprechenden Unterlagen vorgelegt habe,
Die Tochter des Eon-Konzerns hatte die Gaspreise zwischen Oktober 2005 und Januar dieses Jahres um mehr als 25 Prozent erhöht und das mit steigenden Beschaffungskosten und der Ölpreisbindung begründet. Die ausstehenden Zahlungen hatte das Unternehmen bisher nicht eingeklagt.
Nach Ansicht der Hamburger Verbraucherzentrale hatte Eon Hanse einen Prozess verhindern wollen, um die Preiskalkulationen nicht offenlegen zu müssen. Denn das würde belegen, dass die Erhöhungen ungerechtfertigt gewesen seien, argumentieren die Verbraucherschützer. Dagegen hatte eine Unternehmenssprecherin betont, die Gaspreise würden einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.

Gaspreise

Das Bundeskartellamt und die Gasunternehmen haben sich auf mehr Wettbewerb einigen können. Jetzt könnten langfristige Verträge mit den Stadtwerken und den Versorgern verboten werden - und die Preise sinken."Die Verhandlungslösung für die Öffnung der langfristigen Gaslieferverträge ist heute Morgen an Eon Ruhrgas gescheitert", teilte die Regulierungsbehörde Bundesnetzagentur am Montag in Bonn mit. Details nannte sie zunächst nicht.Nach dem Scheitern für mehr Wettbewerb im Gasmarkt droht Ferngasunternehmen nun ein Verbot des Bundeskartellamts für langfristige Lieferverträge mit Stadtwerken.
Seit Tagen hatten beide Seiten um einen Kompromiss zur zeitlichen Begrenzung der strittigen Lieferverträge gerungen, die Stadtwerke zum Teil bis zu 25 Jahre binden. Eine Untersagung solcher Verträge hatte Amtspräsident Ulf Böge 15 deutschen Unternehmen unmissverständlich und ultimativ angedroht, falls es keine Einigung gebe.Eon weiter an einer "marktgerechten Lösung" interessiertTrotz weitgehender Kompromissbereitschaft von Eon Ruhrgas sei es nicht zu einer Verständigung gekommen, sagte ein Ruhrgas-Sprecher in Essen. Eon Ruhrgas sei weiter zu einer "marktgerechten Lösung" bereit. Das Kartellamt wolle aber unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit der Unternehmen beim Abschluss neuer Lieferverträge eingreifen. Bezüglich der laufenden alten Lieferverträge solle jeder Vertrauensschutz verweigert werden. Das gelte sogar für Verträge, die bis April 1998 abgeschlossen worden seien, also vor Beginn der Liberalisierung des Gasmarkts.Deutschlands zweitgrößter Gasversorger RWE bedauerte das Scheitern der Gespräche. "RWE hat sich in den Gesprächen intensiv und konstruktiv engagiert", sagte der Sprecher von RWE Energy, Wolfgang Schley, in Dortmund. Es müsse nun abgewartet werden, welche weiteren konkreten Vorschläge das Kartellamt machen werde.

Stadtwerke müssten rascher wechseln könnenMit einer Begrenzung der Laufzeiten will Böge mehr Wettbewerb in den Markt bringen. Die Stadtwerke müssten rascher wechseln und auch bessere Konditionen aushandeln können. Dadurch werde es auch mehr Preisdruck geben, von dem dann auch der Privatkunde durch niedrigere Gaspreise profitieren könne.Die Union und die FDP riefen das Kartellamt zu einem harten Kurs auf. Der mittelstandspolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Hartmut Schauerte, sagte, er erwarte jetzt, dass die Behörde alle rechtlichen Möglichkeiten sehr konsequent nutze. Auch eine etwaige gerichtliche Auseinandersetzung solle nicht gescheut werden. Unternehmen und die Wirtschaft brauchten mehr Wettbewerb und Vielfalt in diesem oligopolen Markt, damit für Privathaushalte und Unternehmen faire Marktpreise entstünden.Böge hatte den Unternehmen bereits eine Frist bis vergangenen Mittwoch gesetzt, sich zu kürzeren Lieferverträgen zu verpflichten. Sollte es keine Einigung mit dem Kartellamt geben, werde die Behörde die wettbewerbsrechtlich unzulässigen Verträge untersagen. Ein "Nachverhandeln" werde es nicht geben.

Verbraucherschützer sehen jetzt auch die Politik in der Pflicht. "Wir brauchen schnell eine handlungsfähige Regierung", sagte der Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), Carel Mohn, dem "Tagesspiegel". Die Energiekonzerne würden das politische Vakuum ausnutzen und die Konflikte auf die Spitze treiben. Die Branche habe es nicht geschafft, mit ihren Leitungsnetzen verantwortungsvoll umzugehen.Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, sieht noch Potenziale für die Senkung der Netznutzungsentgelte der Strom- und Gasnetzbetreiber. Wie hoch diese im einzelnen ausfallen werden, lasse sich derzeit noch nicht beziffern, sagte Kurth in Berlin. Ende Oktober beginne die Überprüfung der Netznutzungsentgelte der Stromversorger und Ende Januar der Gasversorger. Kurth rief die Unternehmen auf, eng mit seiner Behörde zusammenzuarbeiten. Er machte aber zugleich klar, dass die Netznutzungsentgelte nur einen Teil (etwa ein Drittel) des Endverbraucherpreises ausmachten.Gaspreise im europäischen MittelfeldDie Erdgaspreise für Haushalte liegen nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland im europäischen Mittelfeld. Dies sei das Ergebnis einer aktuellen Studie von Energy Advice (London). In Dänemark, Schweden, Italien und den Niederlanden müssten die Kunden wesentlich tiefer in die Tasche greifen. In allen untersuchten Ländern seien die Gaspreise in den vergangenen 12 Monaten erheblich gestiegen. "Das zeigt, das sich kein Land von der weltweiten Energiepreisentwicklung abkoppeln kann." Außerdem schöpfe in Deutschland der Staat 30 Prozent der Haushaltsgaspreise ab.

1/06/2006

gaymba

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